Zu tun:

Neue Dinge lernen. (Ich: Stricken.)

Schöne Dinge finden. Den Freitagstexter beispielsweise, oder gucken, was andere so in der neuen Zeit denken und tun.

Sichten und sortieren.

Lesen, auf Papier. (Schreiben vielleicht auch.)

Ehe Sie beim Riesen bestellen, der unser Gesundheitssystem nicht mal mit Steuern unterstützt: Schauen Sie im Netz nach. Viele Geschäfte haben zwar ihre Ladenlokale geschlossen, sind aber aktiv, nehmen Bestellungen per Mail an, beraten telefonisch und liefern an die Haustür. So helfe ich meinem Buchladen, meinem Wollgeschäft, meinem Kleider- und meinem Blumenladen über die nächsten Wochen.

Etwas Sinnvolles fordern. Selbst wer nicht betroffen ist: es gibt viele, viele Menschen, für die genau das existenziell ist. Sie kennen mit Sicherheit mehr als einen.

Sich von Profis den Haarschnitt begradigen lassen.

Und, aus gegebenem Anlaß, zum Auf-den-Spiegel-Schreiben: Der Staat sind wir. Wir sind viele. Wir sind ganz verschieden, aber wir sind nicht allein.

Ach, du liebe Stadt!

Wie gern ich dich habe! Es ist eine Freude, in dir zu leben, und nur manchmal zum Verzweifeln, und ich werde dich nie verlassen, solang ich kann!

Wohnen in der Innenstadt ist zu 20 Prozent Rücksichtnahme und zu 80 Prozent freundliches Ignorieren, das weiß ich und bekomme es auch meist mühelos hin; du bist im großen und ganzen von freundlichen, friedliebenden Menschen bewohnt. Ich verzichte auf Platz, auf Garten und Blick ins Grüne, auf Ruhe und Abgeschiedenheit. Dafür bekomme ich: einen herrlichen Wochenmarkt (von der Vielfalt können Supermärkte nur träumen), Theater, Kinos, Museen, Buchläden, was zu gucken, öffentlichen Raum – und das alles in Gehweite. Auch wenn’s nicht immer leise ist, habe ich meine Ruhe (lies: hier ist es anonym). Und wenn’s mir doch mal reicht, gibt es Busse und Bahnen hinaus.

Nun wirst du ziemlich schnell immer teurer. Das sagen alle, die her- oder auch nur umziehen möchten. Neulich habe ich mir eines deiner neuen Viertel angeschaut: Reiche-Leute-Wohnungen, mit dicken Autos auf neu angelegten Parkflächen, und nix los. In meiner Straße hingegen gab es vor ein paar Jahren noch in jedem dritten Haus ein Ladengeschäft. Bäcker, Lebensmittelladen und Kiosk haben inzwischen geschlossen. (Mir könnte das wurscht sein, aber mit dem Rollator ist eine Straße weiter leicht zu weit.) Eine Ladenbetreiberin erzählte, daß sie sich die Monatsmiete nicht mehr leisten könne – aber ihre Vermieterin könne ihr nicht entgegenkommen, sonst gäb’s Ärger mit dem Finanzamt. Leerstand hingegen lasse sich steuerlich geltend machen … Liebe Stadt, das kann nicht dein Ernst sein, oder?

Ach, und erinnerst du dich an das große Fest, bei dem du (vielleicht nicht ganz freiwillig) fast zwei Wochen autofrei warst? Das hätte ich gern wieder, und dauerhaft. So viel Platz, Stille, so wenig Streß! Mach doch mal das Parken teuer. Also richtig, richtig teuer; teurer als ein ÖPNV-Tagesticket. Und wenn dann endlich die Autos raus sind, dann pflanz Bäume in die Straßen, reiß die Innenstadtparkhäuser ab und bau erschwingliche Wohnungen. Und sorg für Einkaufsmöglichkeiten in jedem Viertel.

Schon klar, Stadt. Das schaffst du nicht allein, ist auch nicht alles deine Baustelle. Aber irgendwer muß mal anfangen, oder? Es geht ja nicht darum, sofort und gleich alle frommen Wünsche zu erfüllen, sondern lebenswert zu bleiben, für viele verschiedene Menschen.

Stapel

Bücher, die ich gerade lese
Bücher, die ich noch lesen will
Bücher, die ich angefangen habe, aber jetzt gerade nicht lesen kann
Bücher, die ich zurückgeben muß
Bücher, die ich (vielleicht) doppelt habe
Bücher, die (vielleicht) gar nicht mir gehören
Bücher, die ich verschenken will
Bücher, die weg müssen
abwesende Bücher (Platzhalter)
restliche Bücher

Und irgendwann sortiere ich die Regale.

 

 

 

Und: Bücher.

Ich habe es wieder geschafft: auch im neuen Lieblingsladen gehen die Buchhändlerinnen in Deckung, wenn ich komme. Die Chefin hat es sehr charmant zusammengefaßt: Ist halt schwierig, wenn man nicht die aktuellen Bestseller liest.
Ist es die Möglichkeit — Der Glocken Schlag, ein Klassiker der Krimiliteratur, nicht lieferbar?
Kürzlich ein ganz wunderbares, skurriles Buch mit Vergnügen gelesen — und dann stand da: Wem wird hier gedacht? Ein ganzes Kapitel lang Gedenken mit Dativ. In der Stimme des Autors. Wieder und wieder. Das war’s dann für mich; ab da las ich das Buch bloß noch korrektur. Ein Jammer.
Ein paar alte Lieblingsbücher nachgekauft und mit Erschrecken festgestellt, daß es eine neue Sorte Paperback-Umschlag gibt, farbstark und — klebrig. Ich werde ihnen wohl kleine Packpapierjäckchen basteln müssen, um sie anfassen zu können.
Zwei, drei ganz und gar wunderbare Sachen gelesen, nur eine richtige Pleite, und jetzt mal wieder Austen. Warum nicht.

Maschinengeflüster

In einer deutschen Kleinstadt von 36000 Einwohnern lebt ein Mann, der mit Vornamen Hermann heißt. Er hat ein Geschäft, einen Betrieb vielleicht; er hat Kunden, Zulieferer, nimmt Aufträge an. So denke ich mir das.
Mit Nachnamen heißt er wie ein Schreibfehler, den ich nicht gemacht habe. Trotzdem wird dieser Mann immer wieder, an manchen Tagen dutzendfach, auf meinem Blog gefunden. Ein automatisierter Personenüberprüfungsdienst spürt ihn dort auf, unter meinen Texten und meinen Bildern.
Ich nehme an, jemand fragt die Maschine nach dem Namen dieses Mannes; gucken, was das Netz so weiß über Firmen, Melderegisterdaten, Insolvenzen. Unter den Bild-Treffern erscheint der Scan einer uralten, handgeschriebenen Anleitung zur Hege und Pflege eines Wanderkuchens. Das mag als kurios, vielleicht ganz witzig durchgehen; mit dem Manne selbst hat es nichts zu tun. Trotzdem “findet” ihn die Maschine, immer wieder.
Im Text kommen die Worte unsterblich vor und sehr anständig. Aber auch Ansprüche, Kettenbrief und keinen festen Wohnsitz.
Ich weiß wirklich nicht, wie der Algorithmus arbeitet, aber ich hoffe, daß mein Artikel (in dem sein Nachname nicht vorkommt und der überhaupt nicht von ihm handelt) diesem Herrn namens Hermann nicht schadet; ganz im Gegenteil, ich wünsche ihm alles Gute, unbekannterweise.
 
 

Turmtraum

Daß ich gern wohnen würde in einem Turm, viele, viele Stufen hoch, gern gewendelt, oder auch Leitern, warum nicht, Blick aus Fenstern in alle Richtungen über die Stadt und über sie hinaus, Platz zum Denken und für sonst nicht viel, vielleicht in Gesellschaft von Glocken und einer simplen Pflicht, das vermerke ich mit einer gewissen Verwunderung.

Kleinanzeige

Biete: ein »Enzyklopädisches Wörterbuch — Handausgabe« (Band 2: Deutsch-Englisch) von Muret-Sanders, Ausgabe von 1910, dunkelgrün, knapp 1100 Seiten; Erhaltungszustand: keine Schönheit, aber brauchbar. Es stehen wunderhübsche Wörter drin wie Chausseefloh: road hog, Wischstrick (zum Reinigen des Gewehrlaufs): pull-through und verinnigen: intensify.

Klick vergrößert.

Da es nur der halbe ist (der erste Band, Englisch-Deutsch, fehlt), verschenke ich ihn. Fragen beantworte ich gern. Interessenten bitte Nachricht an mich.
Nachtrag Januar 2013: Jetzt ist er weg!
Es hat gedauert (und ich hatte bereits erwogen, ihn in einen öffentlichen Bücherschrank zu stellen), aber nun hat der Muret-Sanders eine freundliche Bleibe gefunden. Möge er nie mehr Regalplatz kosten, als er Freude schenkt!