Überfall, überfällig

Kirschblütenschatten.
Kirschblütenschatten.

So lang waren die Nächte eisig, doch von einem auf den anderen Tag ist Mai, und der tut gleich so, als wär nie was anderes gewesen. Treibt uns aus der Wolle und brennt Nacken und Schultern rot, läßt Büsche und Bäume im Garten explodieren, hängt brummende Flugzeugelchen ins Himmelblau und macht die Tauben schier verrückt.

Es ist dringend an der Zeit, unterm Kirschbaum still im Blütenschatten zu sitzen und den Mauerseglern nachzuschauen.

 

 

 

Vorfrühlingsfreude

Er sieht noch ganz wie Winter aus, aber er duftet schon nach Pferdemist und Waldmeister. Die Wege sind weich, die Schuhe schwer, und doch hat jeder Schritt Flügel. Wo noch nichts wächst, treiben die Vogelgesänge Blüten. Oh, und wie warm die Sonne scheint! Hinter geschlossenen Lidern ist gleich alles grün. Eine Woche noch, wenn’s hoch kommt, zwei, und dann.
Dann!

Marienkapellchen; Dach überm Kopf, Drache im Baum.
Marienkapellchen: Dach überm Kopf, Drache im Baum, Sonne im Gezweig.

Und Schnee

Jedes Jahr der erste des Lebens.
Nicht Niederschlag, sondern Segen. Alle Augen strahlen, in den Schultern kribbeln schon Ballschlachtpläne, und auf Wangen und Lippen: lauter leichte, nadelspitze Küsse.
Ist es nicht stiller geworden? Da haben wir Besuch aus dem Himmel. Schaut, wie es glitzert, der weiche Teppich auf dem Asphalt, und alle Autodächer sind schön.
Morgen dann die Tritte der Tauben auf dem Bürgersteig, bis das Streusalz sie unleserlich macht. Übermorgen haben wir uns gewöhnt und ziehen gegen die Kälte die Schultern hoch. Und noch später: alles Matsch.
Doch heute herrscht Zauber. Der letzte ganz echte im Jahr.