Der Rheinburgenweg links des Rheins ist im Vergleich zum Rheinsteig drüben ein bißchen ruhiger, ausgeglichener, nicht gar so glamourös. Und meist auch nicht so überlaufen. Ich habe ihn gern, vor allem im Herbst. Von Boppard gehe ich flußaufwärts; in St. Goar gibt’s, wie ich weiß, Kaffee.

Ich breche in aller Frühe auf. Die schleifenden Wolken machen mich erst glücklich und dann naß: der Morgen vergoldet sie, bevor sie regnen, und an ihnen hängt ein ganzer herrlicher Tag.
Hunsrück und Taunus liegen wie verbeulte Kupfer- und Messingpötte am Fluß; hier und da gibt die Sonne ihnen Glanz. Wo Wein wächst, leuchten Gelb und Rot. Lichter Eichen-Niederwald wechselt sich ab mit aufgelassenen Gärten, man sieht noch die Terrassenmauern und verwilderten Flieder. Kein Walnußbaum hat heute was für mich; ich frage mich, wie die Eichhörnchen das diesen Winter machen, ganz ohne Rucksäcke voller Proviant.
Der Weg tut anhänglich. In Klumpen heftet er sich an meine Sohlen, kriecht mir bis zu den Knien, und auch den Blick nehme ich besser nicht von ihm, nicht daß er mich dann doch abwirft. Er legt sich mit nassem Laub und Rankenangeln und wegbrechenden Trittsteinen ins Zeug, doch das Glück bleibt mir treu. (Auf der Karte steht an diesen Stellen “alpin”, übrigens.)
Ich begegne einer Gruppe mit Stöcken und einer mit Schnäpschen, die mich verwundert grüßen, schlammbespritzt und sportbefreit, aber ich, meine Damen und Herren, gehe hier allein zu meinem Vergnügen. Am schönsten Ort der Wanderung überrascht mich ein Schauer; ich sitze unterm Schirm, bis es wirklich nicht mehr geht, und verziehe mich dann in eine Hütte nahebei. Das Buch bleibt im Rucksack, es gibt Wetter zu gucken. Als die Wolkenherde durchs Tal getrampelt ist und der Himmel blau wird, finde ich das beinah schade.

Der Wald hüllt mich in seine Farben. Gelb und golden, was noch von den Bäumen muß, am Boden rostigrot, dazwischen leuchten Moose. Zeitmessung sind meine Schritte und der gelegentliche Blick zurück: die Flußinsel sah ich eben noch von flußabwärts; ganz da hinten bin ich losgegangen. Ein anderer Rausch als der der Geschwindigkeit: so weit komme ich! Ganz aus eigener Kraft! Von Horizont zu Horizont sind es auch nur Schritte!
Durch die frisch gestrichene Landschaft finde ich hinab ins Tal. Im Café stehen Kannen über Kannen an den Wänden aufgereiht, ein ganzes Museum. Später sehe ich, daß die kaputten Exemplare als Klobürstenhalter dienen. So hat alles seinen Nutzen.
Schön, dass Sie auch ein Buch im Rucksack haben. In dem Café mit den Kannen war ich auch schon.
Ich mußte ja an Ihren Ausflug nach Flaschenhals denken. Es ist immer noch herrlicher Herbst; das dauert zum Glück.
Ich wandere echt gerne mit dir durch die Lande.
Oh, ich auch. Alleinwandern wird unterschätzt.
zu gerne wüsste ich: welches Buch…
Diesmal war’s (noch mal) The Old Ways von Macfarlane. Wenn man auf Wegen von Wegen lesen mag.
Danke! ja, tolles Buch…
Der linke Baum macht nicht recht mit 🙂
Rechts tanzt auch einer aus der Reihe …
Auch! Der linke war halt für mich auffälliger 🙂
Niemand schildert Wanderland so schön wie du! 🙂
Finde ich auch, danke fürs Mitnehmen.
Och, danke! Die Gegend macht’s einem aber auch leicht mit dem Verlieben.
Heute hast du den Beitrag aber bildersatt gemacht. So anschaulich und mitnehmend. Ich habe heute meine Wanderstiefel in den Keller gestellt. Hier in Brandenburg fallen mir derzeit zu viele Bäume um.
O-ha. Und Baugerüste um und so, wie man hört. Ich hoffe, die Stiefel werden bald wieder entkellert; wo die milderen Breiten liegen, weißt Du ja. ,)
Wandern mit Buch und Kaffeekannenziel im Auge, einfach prall herrlich!