Zu schnell

Das Auto hinter mir fährt dicht auf, drängelt an der roten Ampel, obwohl die Straßen leer sind zu dieser nachtschlafenden Zeit. Na, denke ich, der hat’s aber wichtig. Dann überholt mich der Wagen mit aufbrüllendem Motor; Idiot. Als ich aber sehe, wohin er ohne zu blinken abbiegt, schlägt mein Ärger um. Es ist das Gelände der Uniklinik; diese Einfahrt führt zu den Pavillons der Intensivstation mit ihren ewig heruntergelassenen Jalousien, und Parken ist hier streng verboten.
Ich wünsche dem Drängler von ganzem, heißem Herzen, daß er schnell genug ist.
 
 
 
 
 
 

0 thoughts on “Zu schnell

  1. Das wünsche ich auch!
    Letztes Wochenende wurde einer meiner Onkel wegen überhöhter Geschwindigkeit angehalten. Die Polizei wollte um die Papiere bitten, da hob der Beifahrer, ein anderer Verwandter von mir, seine Hand: durchbohrt von einem abgebrochenen Pfeil (ein unglücklicher Unfall ohne Fremdverschulden – zum Glück ohne jeden Bedarf einer Intensivstation!). Die Polizisten begnügten sich damit, das Kennzeichen zu notieren, dann durfte mein Onkel wieder aufs Gaspedal drücken.

    1. Das spricht für die Gesetzeshüter, daß sie wirklich Wichtiges von Regeln unterscheiden können … (Aber was für Hobbies grassieren da in der Verwandtschaft –?)

      1. Nun ja, die Hobbies … Ein anderer meiner Onkel ist leidenschaftlicher Bogenbauer (historische Jagdbögen). Einmal im Jahr veranstaltet er in meiner Heimatregion ein Bogenturnier – ein Wochenende unter Verwandten, Freunden und Bogeninteressierten, man läuft in Grüppchen durch den Parcours in den Wäldchen, die die umliegenden Bauern für diesen Anlass freundlicherweise freigegebenen haben, isst und lacht zusammen usw. Alles sehr nett, aber wenn solch ein Unfall passiert, wird einem bewusst, dass ein Bogen halt doch eine Waffe ist: Hat ein Pfeil, etwa durch einen Aufpraller (weil man statt die Zielscheibe zu treffen einen Baumstamm streifte), einen Riss bekommen und wird er dann nicht aufmerksam aussortiert, kann er beim nächsten Abschuss brechen – und schon steckt die hintere Hälfte in der Hand, die den Bogen hält. Am nächsten Tag hatte ich bei jedem Pfeil, den ich auflegte, ein merkwürdiges Gefühl (was auch meine vielen Worte hier erklärt). Ob ich nächstes Jahr wieder dabei sein werde? Auf jeden Fall werde ich mir jeden Pfeil genau anschauen.

    2. Au-ha. Das kann ich mir vorstellen; wenn ein Spielzeug plötzlich die Zähne zeigt. Oder wenn unter dem Symbolischen der ursprüngliche Sinn sichtbar wird. (Ich weiß nicht, ob das vergleichbar ist; aber wenn ich die Fußballfans sehe, die sich nach dem Sieg aus Autofenstern hängen und mir mit Siegesgebärde “Doitschlaaaand!” entgegenbrüllen, wird mir ein kleines bißchen schlecht. Ich sehe nicht bloß die Freude über ein gelungenes Spiel, ich sehe eine Begeisterung, die sich nur allzu leicht kanalisieren läßt … Na. Anderes Thema.)

  2. Sehr menschlich, das mit dem Pfeil und dem Weiterfahrendürfen!
    Deine Geschichte – ja, bei manchem Dränglern könnte eine werdenden Mama drin sein- oder…oder….Allerdings sind die meisten sicher nur Protzhirsche in Berufseile oder Ey-hier-komm-ich-Hektik…

  3. Nach den ersten Zeilen hatte ich ein anderes Ende erwartet, so wie ich es vor über 40 Jahren erlebt habe.
    Gemütlich unterwegs im Skoda auf Niederbayerns Straßen ließen wir einem “Rennfahrer” im offenen Sportwagen durch ein Ausweichmanöver die Vorfahrt, wofür er sich mit Handzeichen freundlich bedankte. Wenige Kilometer weiter standen Polizei und Rettung um einen offenen Sportwagen, der sich um einen Baum gewickelt hatte ….

  4. In der Tat – das ist einer jener Momente
    , die man ein Leben lang nicht vergißt. Eben noch fröhlich winkend unterwegs, wenige Kilometer weiter kommt auch der Notarzt zu spät.

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