Was nur anziehen? Und den Schirm nicht vergessen, sonst regnet’s. Vielleicht aber auch doch oder trotzdem oder sowieso; man weiß es ja nicht, und schon gar nicht vorher. Wetter: bretonisch.

Pflanzen, Vögeln und Getier ist das gleich. Das blüht, legt Eier, brütet, schlüpft und wächst, was das Zeug hält. Die Wiesen stehen voller Bärlauch, das Laub auf dem Weg wimmelt vor kleinen Spinnen, der Fluß vor flauschigen Graugansküken, und nach der Kirsch- überzieht nun die Apfelblüte die Obstfelder. Einem Außerirdischen müßte das wie eine Krankheit scheinen, ein plötzliches Fieber, das ausbricht wie ein weißer und rosa Schorf und langsam wieder abklingt zum gewöhnlichen Grün.

Störche ducken sich hinter hohen Nesträndern. Auch die Reiher sind mißtrauisch, setzen aber auf Stillhalten: wie aus Plastik stehen sie in den Wiesen, das Auge folgt als starrer Punkt den Wanderern. Die Nachtigall bleibt im Weidendickicht ganz unsichtbar und singt unverschämt laut dabei. Das muß sie auch; die Autobahn ist einen Steinwurf weit entfernt und legt eine Glocke aus Lärm über das Auenidyll.
Pause auf einer Bank am Ufer. Der Fluß strömt hoch und sieht zwischen den Weiden nach Abenteuer aus. Drei Schwäne wuchten sich aus dem Wasser: auf schwarzen Füßen klatschen sie über die Oberfläche, bis ihnen die Luft unter die sausenden Schwingen greift und sie abheben. Ein vierter schafft es nicht; er läßt sich in den Fluß zurückplumpsen, wo Auftrieb ihm die Anmut wiedergibt, krümmt den Hals und schwimmt lautlos weiter. Scheitern in Schönheit.
Zu Beginn und zum Ende des Weges: Campingplätze. Man lebt hier, im Wohnmobil mit Vorzelt und Terrassenmöblierung, wie im Einfamilienhaus. Rasenmäher kann man leihen, Rasenfackeln stecken wie Warnbaken um die temporären Grundstücke. Nach dem Campingplatz kommt die Schrebergartenkolonie, dann der Friedhof, dann das Dorf.
Geregnet hat es nicht. Ich hatte ja auch den Schirm dabei. Und ab morgen ist Mai, da wird alles, alles anders.