»Was arbeitest du da?« — Och, nichts, lese nur’n Blog. — »Kenn ich den?« — Bestimmt nicht, ist ein privater. — »Wieso liest du den?« — Naja. Weil …
Nicht, weil ich mich informieren will. Für mich hat Lesen noch mit Papier, Nachschlagen mit Lexika und Recherchieren mit Nachfragen zu tun. Die Schnipsel und bunten Bilder, die ich im Netz so auflese, nehme ich gern als Anstöße, aber selten für in Stein gemeißelt. Wieso auch?
Auch nicht aus Gründen der Ästhetik. In Blogs muß ich mich sehr oft mit Dingen abfinden, für die ich ein gedrucktes Werk in die Ecke zeffern würde. Rechtschreibung, Stil, Grammatik — alles halb so schlimm, ist ja nur das Netz. Also: Korrekturlesereflex unterdrücken.
Dafür werde ich belohnt: mit neuen Blickwinkeln, hübschen Formulierungen, reizenden Ideen und fröhlicher Polemik. Deshalb lese ich Blogs. Und als Zeitvertreib, natürlich.
Einige meiner Lieblings-Blogs sind Reiseführer, informative und reich bebilderte Ausflugsberichte. Ich lese und staune über Land und Leute, Essen, Gebräuche und Sehenswürdigkeiten in Nordafrika, Berlin Mitte oder auf dem flachen deutschen Lande. Nach der Lektüre gehe ich dann gern auf Expedition ins nächste Museum oder ins übernächste Café, oder ich plane Forschungsreisen ins angrenzende Bundesland.
Andere Blogs sind im Schwerpunkt Berichte aus Innenwelten, über alltägliche Begebenheiten und Befindlichkeiten. Nichts Weltbewegendes. Oft blitzt aber hinter den Schilderungen, in Klagen und Begeisterung die Persönlichkeit des oder der Schreibenden auf. Mit etwas Glück kann das Bild einer Tasse eine halbe Biographie vermitteln … Solche Blogs lesen, das ist so entspannend wie im Garten spazierengehen und schauen, was da blüht. Ja, und dann widme ich mich wieder meinem Alltag.
Der dritte Typ Blog wird von den geborenen Polemikern betrieben, die keinen Satz ohne Seitenhieb, keine Beschreibung ohne Appell verfassen können und das Tagesgeschehen gnadenlos zerpflücken und böse kommentieren. Ihre oft brillanten Texte lese ich mit großem Vergnügen, aber nie mehr als drei am Tag. Zu viele Finger in Wunden sind ungesund.
Sämtliche Arten finden sich in Rein- und Mischkultur in meiner Liste anderer Blogs. Hier stelle ich zwei Neuankömmlinge (Exil-Qyperinnen) vor, von denen ich in den anderen Listen noch nichts gelesen habe:
Frau Eichhorn mit ihrem Berliner Laubgeschwätz über das Leben im Mikrokosmos Großstadt und die Reisende und Bildhauerin Karu unterwegs, mit vielen Fotos und Beschreibungen.
Bleibt mir nur, mich Richtung Norden vor Kraska, Kixka und Zuja zu verneigen, im Süden Wassily, Buchstäblich und Joulupukki meine Reverenz zu erweisen und im Osten vor Vilmoskörte, Richensa und Hyke den Hut zu ziehen. Und alle um Entschuldigung zu bitten, die ich jetzt vergessen habe …
Und natürlich ein Kratzfuß in Richtung Stylespion fürs Anschubsen der Aktion.