Auf die Sprünge: Bloghürdenlauf

Es ist seit ein paar Jahren die Rede vom Sterben der Blogs, und da kann jede mitunken, die schon mal in immer größeren Abständen den immer gleichen Beitrag auf einem vormals oft besuchten Leseplatz hat stehen sehen. Die Älteren unter uns werden sich erinnern, wie das war, als Blogs Neuland waren und das Internet voller Überraschungen; und war das nicht wunderbar?

Nun hat der Herr Zeilensturm sich ein Spiel ausgedacht (gesehen habe ich’s bei Glumm und Geschichten&Meer), das nicht bloß das Gefühl von Abenteuer und unbetretenen Pfaden heraufbeschwört, sondern direkt aus der eigenen Filterblase herausführt: einfach mal was lesen, was man gar nicht kennt! Ich finde das hinreißend und habe es gemacht. Es folgt der innere Monolog beim Hürdennehmen. (Anleitung ganz unten.)

Lakritzes Hürden-Monolog

Ich fange an bei der Blogroll des letzten Eintrags von Frau G&M, und da geht es schon los: Koch- und Kreativblogs, Skylla und Charybdis. Nun. Muß ja. Also via Frau MajoRahn zu …

1: Food, südbadisch: Schöner Tag noch! (Juliane).
Der fehlende Akkusativ erinnert mich ans Saarland, hach. Ausgehtips in Karlsruhe; erstaunlich schöne Bilder von Essen (wenn ich Essen fotografiere, sieht es selten appetitlich aus). Rezepte, natürlich. Ein Toastbrotrezept; falls mir das weltbeste Toastbrot mal ausgehen sollte … Ah, nicht nur die Nahrungszufuhr ist Thema, ein Link führt zum Zeit-Artikel über Plastikmüll. – In der Blogroll finde ich …

2: Die Schreibmaschine (Miriam).
Wieder Karlsruhe, Kategorie: Kurioses! Ich lese über Vor-Hochzeits-Partys und freue mich, daß ich zu alt bin für so was. O-ha, Thema Dates! Plötzlich Affäre! Wie gut, wie gut, daß ich zu alt … Es hat wohl alles seine Zeit.

Hier könnte die Sache enden, denn ich bin auf ein Blog ohne Blogroll geraten. Einen Schritt zurück, weitere Blogs anschauen. Jedoch: Wenn ich Dinge wie Freebies / Workshops / Kooperationen / Newsletter / Sponsoren lese, wächst mein Widerwille. Ich werde kiebig, wenn mir wer “Lifestyle” unterjubeln will. Da müßten die Geschichten schon verdammt gut sein. Und jetzt habe ich mich in einer Hochglanz-Instagram-DIY-Welt mit Gutschein und Sofort-kaufen-Button verfangen. Zu Hilfe! – Ausfallschritt, Salto mortale, und ich lande bei …

3: Wortgepüttscher (Gerrit Jan Appel).
Oh, schick, was mit Platt! Nicht nur, deshalb ist es nicht so anstrengend und, he, das liest sich aber flüssig weg. Ich bleibe bei einer Schmuggelgeschichte hängen; lustig, aber eben nicht nur. Da schau ich mich mal weiter um, das ist schön. – Über die Blogroll finde ich zu …

4: queergedacht (Hans-Georg).
Urlaubsbericht von der Nordkapkreuzfahrt, das Schiff sieht aus wie ein ins Wasser geplatschter Wolkenkratzer. Musical-Besuche. Essen. Hie und da Nachdenkliches über den Rechtsruck in unserer Mitte, mitsamt erfreulich gesitteter Diskussion in der Kommentarspalte. Es ist ein bißchen wie unsichtbar in einem fremden Wohnzimmer sitzen. – Weiter geht’s zu …

5: Oskar.
Ein gaaanz altes Blog, mit Archiv bis 2003, mal eins auf einer anderen Blogplattform. Und wieder Wohnzimmer mit Urlaubsberichten, die sicher nicht für vorübersprintende Hürdenleserinnen geschrieben wurden. Oh, echt, den ESC 2018 hat Deutschland gewonnen? Ich hab’s für einen Moment geglaubt.

Na, das war mal divers. Die Übung kann ich wärmstens empfehlen. Schon zur Hirnstubenentstaubung; und dann findet man ja doch immer wieder was Lesenswertes und sieht: so tot ist die Blogosphäre nicht. Wie schön!

 

So funktioniert der Blogger-Hürdenlauf (Copy and Paste, please):

Dein Beitrag startet, wo dieser hier endet. Nimm dir die Blogroll/Blogliste des fünften von mir kommentierten Blogs vor. Von dieser Liste klicke eines an. Das ist nun deine Station 1. (Aber nur, falls es selbst eine Blogroll hat, sonst ein anderes Blog der aktuellen Blogroll auswählen! Diese Bedingung gilt logischerweise immer.)

Lies im Blog 1 einen Beitrag, den du auch verlinkst, und schreibe nur drei Zeilen darüber: Lob, Kritik, Erstaunen, Fassungslosigkeit, Dank, whatever.

Nun klicke auf ein Blog der Blogroll von Station 1. Hat dieses seinerseits eine Blogroll? Sehr gut, dann ist es Station 2. Lies einen Beitrag … verlinke … schreibe drei Zeilen …

Und so noch drei Mal. Bis einschließlich Station 5. Deine Arbeit ist fast getan: fünf Reisenotizen zu fünf Blogbeiträgen. Nur noch diese Regeln hier anhängen – fertig!

Nun muss jemand anderes den Staffelstab (und vielleicht sogar mehrere) bei der Blogroll des letzten in deinem Beitrag kommentierten Blogs übernehmen – und fünf weitere kommentieren.

Vielen Dank für den gemeinsamen Streifzug durch die Meinungsvielfalt!

Das braucht kein Mensch!

Bei Skriptum habe ich mir dieses unwiderstehliche Stöckchen genommen:

Schau, was ich dir gemacht habe, sagte er. Eine Mühle.
_____Und was mahlt die?
Sie mahlt nicht, sie macht: Zeit. Es ist ganz einfach — du drehst daran, und schon hast du Zeit.
_____Wunderbar, also kann ich damit gleich unser Wochenende verlängern!
Nein. Die Mühle wirkt nur, wenn man allein ist …
_____Dann werde ich drehen und drehen und die ganze Zeit nehmen, um an dich zu denken.

Erinnerungsfäden: Mein heiliges Hemd

Textile Erinnerung Hemd

Vor seiner Existenz als Hemd diente es Jahre als Bettlaken, bis die Zeiten besser und die Matratzen zu groß wurden. Dann lag es im Schrank, auf dem Stapel »kann man vielleicht noch mal brauchen«.

1988 dann war Kinderkirchentag. Meine Kleinen sollten mit einem nächtlichen Himmel auftreten, komplett mit Mond und Sternen. Delegieren hatte ich noch nicht gelernt, durchwühlte darum daheim die Schränke und okkupierte tagelang die Waschmaschine. Überall ums Haus herum trocknete Gefärbtes. Nur war das Blau nicht richtig oder die Dosierung falsch — das Leinen wurde nicht tiefdunkel und samtig, sondern höchstens ein dunstiger Sommerhimmel. So kam es Erntedank auf den Altar; da machte es sich gut zu Rainfarn und Hagebuttendolden.

Dann lag das Tuch, hellblau, wieder im Schrank, bis ich die Solinger Schneiderschere nahm, lernte, intaktem Stoff Schnitte zuzufügen und etwas Neues damit anzufangen. Reihen, säumen, bügeln, Knöpfe dran: meine erste Näharbeit vielleicht, Männermodell und viel zu groß, wie alles damals. Ich trug das Ergebnis und alle seine Fehler mit Stolz. In der Wäsche hieß es »das heilige Hemd«, wegen seiner kirchlichen Vergangenheit.

Leinenhemd

Mittlerweile ist es fadenscheinig, vor allem an den Ärmelkanten und da, wo der Rucksack aufliegt. Eigentlich kann man es nicht mehr anziehen, aber auf Reisen begleitet es mich trotzdem immer wieder, als ein guter Zauber.

Aus dem Dialog zur Textilen Erinnerung wurde dieses Stöckchen. Ich werfe nicht besonders gut, deshalb lege ich es hier hin und lade jede / jeden ein, es sich zu nehmen: Welches Kleidungsstück bleibt zur Erinnerung in deinem Schrank?

So geht das: Bandnudeln

sogehtsNichts geht über selbstgemachte Nudeln. Punkt. Kurz gekocht, mit Butter und Parmesan oder ein paar Blättern Basilikum: perfekt. Sie machen Arbeit, aber der Aufwand lohnt sich — so sehr, daß ich keine Nudeln aus der Tüte mehr mag.

Man braucht dazu sechs Eier, etwas über 500 Gramm Hartweizengrieß, eine Handvoll Mehl, etwa eine Stunde Zeit und gute Nerven. Kein Salz, kein Öl, kein Wasser!

Eier, Hartweizengrieß, etwas Mehl.
Eier, Hartweizengrieß, etwas Mehl.

Erst werden Eier und ein Teil des Grießes zusammengerührt. Wenn die Masse allmählich fest wird, geht es ans Kneten — echte Handarbeit; keine mir bekannte Küchenmaschine bekommt das hin. Zwischendurch erinnert der Teig in seiner Bappigkeit an etwas aus der Baustoffhandlung — egal, weiterkneten. Bis er nicht mehr klebt und sich glatt durchbrechen läßt.

Dann mit feuchtem Küchentuch abdecken und eine halbe Stunde warten.

Erst rühren,
Erst rühren,
... dann kneten.
… dann kneten.
Abgedeckt ruhen lassen.
Abgedeckt ruhen lassen.
Wenn er glatt bricht, ist der Teig trocken genug.
Wenn er glatt bricht, ist der Teig trocken genug.
1--2 mm dick ausrollen...
1–2 mm dick ausrollen…
... zusammenfalten ...
… zusammenfalten …
... mit scharfem Messer schneiden.
… mit scharfem Messer schneiden.
Auseinandernehmen,
Auseinandernehmen,
zum Trocknen ausbreiten.
zum Trocknen ausbreiten.

Handtellergroße Kugeln dünn ausrollen, großzügig mit Mehl bestreuen, längs zusammenrollen und in schmale Streifen schneiden. Sofort entwirren und zum Trocknen ausbreiten. Nach einer halben Stunde kann man die Nudeln zusammenräumen; ich packe sie in eine Salatschleuder, damit sie nicht in der Schüssel festkleben. Im Kühlschrank halten sie sich zwei, drei Tage.

Nudeln für vier bis fünf hungrige Personen.
Nudeln für vier bis fünf hungrige Personen.

(Nach dem Nudelmachen sieht es in der Küche leider aus, als sei ein Mehllaster explodiert. Und die Kunst an dieser Anleitung besteht darin, Fotos zu machen, ohne den Fotoapparat zu ruinieren.)

So, das war meine Vorlage für den Hausgebrauch. Nudeln in elf Bildern.

Spektakuläre Anleitungen gibt es bei Karu: Wie werden lebensgroße Gipsfiguren gemacht? Wie funktioniert Bronzeguß? Und wem das noch zu leichtgewichtig ist, dem empfehle ich BerndBs Fotos auf flickr: Maximale Schwerlast auf vielen, vielen Rädern.

Viel Spaß!

Wie geht das denn? — Anleitungen gesucht

Superstars brauche ich nicht.

So viele Menschen verfügen über so nützliche, witzige, erstaunliche Fertigkeiten, die die Welt ein bißchen besser oder wenigstens ein bißchen bunter machen. Ich kenne Leute, die können Glasperlen machen, Servietten für Festtafeln falten, Säuglinge einarmig wickeln. Ein Freund weiß, wie man Türschlösser mit Kreditkarten knackt, eine Bekannte häkelt kunstvolle Topflappen, F. holt aus Gimp das Letzte heraus. Die beste Holzhacktechnik habe ich bei einer Freundin auf dem Lande beobachtet. Ich würde einiges dafür geben, könnte ich so eine gute Kartoffelsuppe kochen wie K. Und wie R. seinen Hauscocktail hinkriegt, ist mir ein Rätsel.

Was sind eure versteckten Talente? Und wollt Ihr sie nicht zeigen? Mit detaillierter Anleitung, mit Zeichnungen, mit Fotos vielleicht? Ich möchte sie alle lesen.

sogehts

(Nein, das ist keine uneigennützige Idee. Ich hoffe, ich kriege auf diese Weise endlich heraus, wie man richtige, sahnige Salzkaramelbonbons macht.)

30 bunte Tassen — die letzte

Prunk & Pracht für Tee
Prunk & Pracht für Tee: Neuerer Porzellan aus Oberkotzau

neuerer_gedeck1Schon vorbei? Danke allen fürs Vorbeischauen und die netten Kommentare!

Für mich war die Tassenaktion eine Offenbarung. Nicht nur, daß ich bedeutend mehr als 30 Tassen in meinen Schränken habe. Ich habe erstmals einen Fotoapparat bedient, den mir nicht irgendwelchen Touristen in die Hand gedrückt haben (could you take our photo, please?). Das macht ja Spaß!

Insofern ist das hier kein Finale. Jetzt geht’s erst los.

30 bunte Tassen — achtundzwanzig

Nun habe ich mich mit meiner Kamera nach draußen gewagt: Einer meiner Lieblingsläden ist das Paradies des guten Porzellans. In wirtschaftlich klammen Zeiten hat der Einzelhandel zu leiden, aber hier wird kompetent und freundlich das Ideal des Fachgeschäftes hochgehalten. Die Auswahl ist überwältigend, und es gibt immer etwas Neues, Nützliches oder besonders Schönes zu sehen.

Im Porzellanladen
Muhlke GmbH hat das schönste Porzellan

30 bunte Tassen — siebenundzwanzig

Blechtasse
Blechtasse

Immer wenn ich diese Tasse sehe, packt mich das schlechte Gewissen: sie gehört nicht mir, und ich wollte sie eigentlich schon vor Ewigkeiten zurückgeschickt haben. Aber wie sieht das aus, wenn ich das jetzt noch mache? Nach all der Zeit? Inzwischen ist sie dreimal mit mir umgezogen. Ojeoje. So steht sie auf meinem Schreibtisch und quält mich leise, wie ein dumpfer Schmerz im Zahn.