Da liegt sie.
Schlagwort: Ende einer Ära
Auswanderung
Bei Qype wird gerade gegangen. Das, oder man legt sich ein zweites Standbein zu, eine Zweitwohnung im Netz, ein Blog eben. Wieso? Ein Generationswechsel hat stattgefunden. Oder vielleicht: Die Plattform ist über ihre Nutzer hinausgewachsen.
Die Nutzer der ersten Stunde kennen ihr Qype noch als Hamburger Lokalmagazin. Als ich mich 2006 anmeldete, gab es gerade mal eine Handvoll Qyper in meiner Stadt und vielleicht 20, 30 Beiträge. (Es war so wenig los, daß ich überhaupt erst ein Jahr später aktiv wurde.)
Dann wurde Qype größer. In den Kinos lief ein Werbespot. Qype Großbritannien wurde gestartet, Qype Frankreich kam dazu. Ich las tolle Berichte über tolle Orte und fing an, mit Qype im Kopf durch den Alltag zu gehen. Ich hatte ein paar Dutzend Kontakte, las ihre Beiträge regelmäßig und mit Freude. Ein paar Qyper lernte ich persönlich kennen, und es war einfach genial — nette und interessante Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet, die ich anders sicher nie getroffen hätte. Ich mochte dieses Web 2.0.
Dann kamen immer mehr Länder und immer neue Aktive dazu, die Gemeinschaft wurde für mich schwer überschaubar. Mit vielen konnte ich gar keinen Kontakt mehr aufnehmen — zu wenig Zeit.
Als nächstes erschienen die Events auf meinem Bildschirm, Veranstaltungen, die jeden Tag Dutzende motivierter Qyper eintrugen. Für mich wurde damit die Plattform völlig überflutet — wie soll man sich da noch täglich durch den Wust von Beiträgen wühlen, um seine Lieben zu lesen?
Und dann kam das Hauptquartier auf die glorreiche Idee, iPods für eine bestimmte Zahl von Beiträgen auszuloben. Seither bricht eine Welle von Nullbeiträgen, nichtssagenden Dreizeilern und kopiertem Quatsch über mich herein, wenn ich tatsächlich mal versuche, etwas abseits meiner ausgetretenen Pfade zu lesen. So schaue ich nur noch gelegentlich mal rein, schreibe auch mal, ja; bloß nicht mehr kontinuierlich.
Ich beobachte aber, daß die Qyper, ein streitbares Völkchen, für ihre Plattform eintreten. Nicht jede Neuerung aus dem Hauptquartier wird beklatscht (genauer gesagt: die meisten werden erst mal nach Strich und Faden zerfleddert); manchmal reibt man sich an Details auf: Punkte? Wie viele? Für was?, aber in den Foren finden sich viele Ideen und viel Herzblut der Nutzer. — Die Betreiber haben es jedenfalls nicht leicht mit ihren widersetzlichen Schäfchen. Sie versuchen ihr bestes, sind aber zeitweise überfordert und agieren manchmal ungeschickt. Menschlich halt.
Und jetzt ist einer der engagiertesten Alt-Qyper der Plattform verwiesen worden, weil er — na, so ganz nachvollziehen kann ich’s nicht. Er hat eben immer wieder auf wunde Punkte gestoßen und war kein bißchen diplomatisch dabei, aber wir viele von uns kannten und mochten ihn so sperrig, wie er war. Das Management offenbar nicht. Jetzt ist er weg.
Das war wohl der Tropfen, der für so manche Altqyper das Faß zum Überlaufen gebracht hat, und nun schwemmt es sie hinaus ins Netz.
Qype wird das nicht umbringen, aber es wird sein Gesicht verändern. Alles wird anders, und ich bleibe, gespannt.
Für alle Fälle hab ich ja hier mein gemütliches Blog …
P.S.: Mehr zum Thema bei Kixka, die im Web 2.0 nicht nur wie unsereins das Seepferdchen, sondern mindestens den Rettungsschwimmer hat.