Tasse Raffee?

Ich mochte den Eckladen mit Haushalts- und Küchenkrempel, ein Labyrinth aus überfüllten Regalen voller Vorkriegsware. wenn man was wollte, mußte man die Besitzerin fragen, die, über 80, sämtliche 6000 Artikel im Kopf hatte und stolz darauf war. Preise machte sie nach Sympathie. Ihr Sohn, der schließlich den Laden auflöste, als sie sich den Oberschenkelhals gebrochen hatte, stand zwischen Gebirgen aus Käsereiben, Fleischwölfen, Milchwächtern, Töpferware und Feldbesteck und war froh um jedes Stück, das ging.

So kam ich an eine Kaffeemühle für ein paar Mark, wahrscheinlich aus den Siebzigern, zum An-die-Wand-Schrauben. Das Kaffeegefäß zum Drunterhängen fehlte; Kurbel und Montagebrett waren so häßlich, daß Herr Kritz sie mir gegen was Schlichtes austauschte. Ein ganzes Pfund Bohnen paßt hinein und läßt sich mit Muskelkraft und Radau Portion für Portion in ein Gläschen mahlen, wenn man die Stellschraube für den Mahlgrad dabei festhält. Ich mochte die Mühle mit allen Macken; am meisten entzückte mich, daß, wer auch immer den (völlig überflüssigen) Schriftzug “Kaffee” darauf anbringen sollte, offenbar die Frakturschrift nicht beherrschte:

Kaffeemühle mit Aufschrift "Raffee" in Fraktur
… aber man weiß, was gemeint ist.

Nun wird sie ausgemustert. Die Neue ist elektrisch.

Für Elstern

Nicht umsonst hieß es einmal »weißes Gold«: Porzellan ist der Stoff, aus dem Christine Schönau ihren Schmuck macht. Und zwar Omas gute Sammeltasse, edle Rosenthal-Teller, Geschirr mit Struktur, Goldrand oder Blümchen. Teller und Gefäße werden gnadenlos und fachkundig zersägt, poliert und gefaßt und können dann um den Hals, am Ohr oder Handgelenk spazierengetragen werden.

hp_cs

Ich spiele mit dem Gedanken, die ein oder andere meiner 30 bunten Tassen »in Urlaub« zu schicken …

30 bunte Tassen — die letzte

Prunk & Pracht für Tee
Prunk & Pracht für Tee: Neuerer Porzellan aus Oberkotzau

neuerer_gedeck1Schon vorbei? Danke allen fürs Vorbeischauen und die netten Kommentare!

Für mich war die Tassenaktion eine Offenbarung. Nicht nur, daß ich bedeutend mehr als 30 Tassen in meinen Schränken habe. Ich habe erstmals einen Fotoapparat bedient, den mir nicht irgendwelchen Touristen in die Hand gedrückt haben (could you take our photo, please?). Das macht ja Spaß!

Insofern ist das hier kein Finale. Jetzt geht’s erst los.

30 bunte Tassen — achtundzwanzig

Nun habe ich mich mit meiner Kamera nach draußen gewagt: Einer meiner Lieblingsläden ist das Paradies des guten Porzellans. In wirtschaftlich klammen Zeiten hat der Einzelhandel zu leiden, aber hier wird kompetent und freundlich das Ideal des Fachgeschäftes hochgehalten. Die Auswahl ist überwältigend, und es gibt immer etwas Neues, Nützliches oder besonders Schönes zu sehen.

Im Porzellanladen
Muhlke GmbH hat das schönste Porzellan

30 bunte Tassen — siebenundzwanzig

Blechtasse
Blechtasse

Immer wenn ich diese Tasse sehe, packt mich das schlechte Gewissen: sie gehört nicht mir, und ich wollte sie eigentlich schon vor Ewigkeiten zurückgeschickt haben. Aber wie sieht das aus, wenn ich das jetzt noch mache? Nach all der Zeit? Inzwischen ist sie dreimal mit mir umgezogen. Ojeoje. So steht sie auf meinem Schreibtisch und quält mich leise, wie ein dumpfer Schmerz im Zahn.

30 bunte Tassen — fünfundzwanzig (Nocturne)

rosenthal

rosenthal_tasse

Sowas gibt’s auch bei Lakritzens zuhause: »Romanze in Dur« von Rosenthal, mit dem charakteristischen in sich gemusterten Porzellan. Fühlt sich interessant an.

Der traditionsreiche bayerische Porzellanhersteller ist insolvent. Während ich meinen Kaffee aus dem edlen Klassiker trinke, hoffen unter anderem die über tausend Angestellten des Betriebs auf einen neuen Investor. Ein klein wenig gruselig ist das schon.